• Geschichte

Romasiedlungen im Burgenland

Am Rand der Gesellschaft verwiesen – Romasiedlungen in Oberwart, Unterwart, Stegersbach und anderswo

01-4-10 1Eine statistische Erfassung der Rom_nija im Eisenburger Komitat wurde erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgeführt. So erfolgte 1880 eine relativ genaue Erhebung aller Rom_nija im Komitat, die so genannte "Zigeunerkonskription". Eine weitere wurde 1893 durchgeführt. Diese Erhebungen ergaben widersprüchliche Zahlen, da die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rom_nija nie nach vergleichbaren Kriterien aufgenommen wurde. Es wurden nur die größeren Romasiedlungen im südlichen Burgenland berücksichtigt. Nach den Konskriptionen von 1881 waren Bernstein mit 158 sesshaften Rom_nija, Neustift an der Lafnitz mit 70 und Buchschachen mit 74 die größten Romasiedlungen. Im Bezirksvorort Oberwart lebten damals angeblich 58, in Unterwart 41, in Spitzzicken 27 und in Stinatz fünf Rom_nija. Andere Erhebungen weisen deutlich höhere Zahlen auf. Rom_nija konnten sich nicht selbst aussuchen, an welcher Stelle in einer Gemeinde sie siedeln durften. Ihnen wurden Plätze zugewiesen, die meist am Ortsrand oder außerhalb der Dorfgrenzen lagen, in einem abseits gelegenen Graben oder in einem feuchten, unwegsamen Gelände. Wenn die Gemeinde den Platz später für andere Zwecke nutzen wollte, wurden die Rom_nija zwangsweise umgesiedelt. Dies war möglich, da die Grundstücke im Eigentum der Gemeinde oder der Grundherrschaft blieben. Mangels Quellen ist die Geschichte der Romasiedlungen nur in einzelnen Orten, und auch dort nur bruchstückhaft nachvollziehbar, u.a. in Oberwart, Unterwart, Stegersbach und Kemeten.

 

Oberwart - „Czigánynegyed“

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Die Romasiedlung in Oberwart wurde durch die Gemeinde mehrmals verlegt. Die erste Siedlung befand sich im westlichen Ortsteil (Obertrumm), wo die ersten Hütten von "Cigánynegyed" (ungarisch: Zigeunersiedlung) zwischen 1857 und 1876 errichtert wurden. Eine weitere Siedlung ist einige Jahre später an der nordwestlichen Gemeindegrenze Unterwarts errichtet worden.

Die Bevölkerungsanzahl ist kaum zu ermitteln, da die erhobenen Daten widersprüchlich sind. Laut der Volkszählung von 1880 waren angeblich 142 Rom_nija in Oberwart wohnhaft. Im Rahmen einer "Zigeunerkonskription", die das "Königlich ungarische statistische Bureau" 1893 in Ungarn durchführte, wurden alle großen Siedlungen gesondert erfasst.

Als "groß" galt, wenn eine Kolonie mehr als 100 Bewohner hatte bzw. wenn sie mehr als 50 Bewohner hatte, diese aber mindestens zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten. Dabei wurde Oberwart nicht erwähnt, d.h. dass in der Siedlung wahrscheinlich weniger als 100 Bewohner lebten.

 

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Unterwart - „Cigányoavas“

Der erste Nachweis für die Anwesenheit von Rom_nija in Unterwart stammt aus dem 18. Jahrhundert. 1720 wird in den Taufbüchern die Geburt eines Kindes der Eltern Cigány Jankó und Katharina vermerkt. Eine dauerhafte Siedlung gab es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch nicht. 1879 beschloss die Gemeindevertretung auf dem Ried "Hagonhegy" ein eigenes Haus für Rom_nija zu errichten. Noch im selben Jahr wurde von der Gemeindevertretung bestimmt, dass in diesem Ried ausschließlich Rom_nija siedeln sollten. Der Ortsteil wurde "Cigányoavas" bezeichnet.

 

 

 

Stegersbach - „Zigeunergraben“

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Die ersten Nachweise von Rom_nija in Stegersbach sind den Pfarrmatrikeln zu entnehmen, worin Rom_nija ab 1770 eingetragen wurden.

Ende des 19. Jahrhunderts entstand im Gebiet der heutigen Berggasse eine Romasiedlung. Entlang eines großen Grabens, der sich vom Rand des Ortszentrums nach Stegersbach-Bergen zieht, wurden Häuser fast ausschließlich von Rom_nija erbaut. Im Laufe der Zeit entstand hier eine Siedlung, die von den Gadsche (Nicht-Rom_nija) als "Zigeunergraben" bezeichnet wurde; diese Bezeichnung ist heute noch in Verwendung, obwohl sich dort nur mehr einige wenige Häuser von Rom_nija und mehrheitlich Häuser von Gadsche befinden. Fotos um 1930 zeigen, dass es sich um Holzblockbauten handelte, die mit Lehm beworfen waren, bzw. aus Lehm gesatzte Häuser, die meist mit Schindeln gedeckt waren. Aus der Stegersbacher Pfarrchronik ist zu entnehmen, dass "sich 1930 27 Hütten, 1938 45 Hütten im Zigeunergraben befinden". Weiters geht aus der Pfarrchronik hervor, dass 1927 156 Rom_nija, 1933 210 und 1938 275 Rom_nija in Stegersbach lebten.

 

 

 

 

Kemeten - „Zigeunerriegel“

Über die Ursprünge der Rom_nija in Kemeten ist wenig bekannt. Vermutlich sind die ersten Rom_nija im Zuge der Zwangsansiedelung unter Maria Theresia und Josef II. nach Kemeten gekommen. Erste Aufzeichnungen liegen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor. Die Rom_nija wohnten in Kemeten auf einer Anhöhe am Ortsrand im Südwesten der Gemeinde, dem so genannten "Zigeunerriegel". 

Aus der Ortschronik ist zu entnehmen: "Aufgrund einer statistischen Erhebung hat es im Jahr 1900 in Kemeten (...) 1464 Einwohner, davon 3 Ausländer und 33 Auswanderer gegeben. (...) 14 Ungarn, 1396 Deutsche, 4 Kroaten, 50 Zigeuner, 1121 Katholiken, 336 Lutheraner und 7 Juden."

1910 lebten 55 Rom_nija in Kemeten. Im Jahr 2021 wurde auf Initiative der Roma Volkshochschule Burgenland und der Gemeinde Kemeten eine Gedenkstätte für die ermordeten Roma und Romnija errichtet.

 

 

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