Die Anzahl der norwegischen Rom_nija wird auf rund 5.000 Personen geschätzt. Wiederholt wurde von rassistischen Angriffen auf Roma und von Diskriminierung berichtet. Nachweislich wurde ihnen der Zutritt zu Campingplätzen verweigert oder sie von dort mit der Begründung verwiesen, dass sie "Tartere" – d.h. Tartaren – seien. "Tartere" ist eine übliche, herabwürdigende Bezeichnung der norwegischen Mehrheitsbevölkerung gegenüber Rom_nija.
Anstrengungen zur Eindämmung der rassistischen Diskriminierung sind weitgehend erfolglos. Im Jahre 1999 erklärte der oberste norwegische Gerichtshof diskriminierende Bezeichnungen wie "Ausländer unerwünscht" und "Nur Weiße" im Zusammenhang mit Wohnungs- und Grundstücksannoncen für zulässig. 1996 wurden 170 polnische asylsuchende Rom_nija deportiert, nachdem es den Rom_nija nicht gelungen war, die norwegischen Behörden davon zu überzeugen, dass ihre Angst vor Verfolgung im Heimatland begründet sei.
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts entstand in Schweden mit Föreningen Resandefolket eine erste Selbstorganisation der Reisenden, die bis 1990 bestand. 1997 wurde sie neugegründet, spaltete sich aber über die Frage nach dem „Ursprung“ der Minderheit. Seit 2000 gibt es zwei Reichsvereinigungen: Resandefolkets Romanoa Riksorganisation sowie einen Riksförbundet Roma. In Norwegen entstand im Zuge „identitätspolitischer Mobilisierung“ 1995 die Romanifolkets Landsforening (RFL). [1]
Aber auch in Norwegen gibt es immer wieder Berichte von Diskriminierung und Ausgrenzung der Rom_nija:
In dem am Montag veröffentlichten „Human Rights Report on Norway“ zählt Menschenrechtskommissar Nils Muiznieks zwar auch andere Bereiche auf, bei denen womöglich Nachholbedarf besteht im Land, das sich selbst so gerne als Vorbild beim Schutz von Menschenrechten sieht – so beispielsweise bei Menschen mit Behinderungen.
Doch im Zentrum des Berichts steht die Situation der Roma. Derer, die permanent im Land leben und derer, die sich nur zeitweise zum Betteln dort aufhalten. Letztere sind vor allem Roma aus Rumänien, deren Zahl je nach Jahreszeit auf 100 bis 1.000 Personen geschätzt wird.
In Medienberichten und von vielen PolitikerInnen sei diese doch recht überschaubare Personengruppe zu einem großen Problem hochstilisiert worden, konstatiert der Rapport. Über sie habe es beispielsweise einen „extremen Nachrichtenfokus“ mit allein rund 6.500 Presseberichten im Jahr 2013 gegeben. Die Polizei habe vor einer „bevorstehenden Invasion“ gewarnt, die dann aber nie gekommen sei. Und es sei mit angeblichen, aber nicht wirklich belegten Erkenntnissen zwischen dem Zusammenhang von Bettelei und wachsender Kriminalität argumentiert worden.
Diskriminierendes Bettelverbot
Das habe zum einen zu einem wachsenden Antiziganismus geführt, der offenbar weder von der Politik, noch von Polizei und Justiz wirklich ernst genommen werde. So würden die eigentlich vorhandenen juristischen Möglichkeiten gegen Rassismus, Hassrede und Volksverhetzung nur völlig unzureichend ausgeschöpft. Und auf das „Bettelei-Problem“ habe die Politik mit einer Verschärfung des Polizeigesetzes reagiert. Die Befugnisse der Ordnungsmacht gegen im Freien übernachtende Obdachlose ist erweitert und den Kommunen das Recht auf den Erlass lokaler Bettelverbote eingeräumt worden. (https://taz.de/Bericht-ueber-Roma-in-Norwegen/!5200448/)
[1] Bjørn Hvinden (Hrsg.), Romanifolket og det norske samfunet, Vigmostad/Bjørke 2000, S. 195–226, hier: S. 197; Bo Hazell, Resandefolket. Från tattare till traveller, Stockholm 2002, S. 45f., 67