Von den rund 90.000 bis 110.000 Rom_nija im Vereinigten Königreich leben rund 20.000 in Schottland, 10.000 in Wales und 3.000 in Nordirland.
"Erstmals erwähnen Urkunden die Anwesenheit der eingewanderten Roma 1505 in Schottland. Aus England existiert erst zehn Jahre später ein Bericht über eine Wahrsagerin. Schon 1530 befahl König Heinrich VIII. den "Ägyptern", binnen 16 Tagen das Land zu verlassen. Etwa 100 Roma, die dieser Anordnung nicht nachkamen, bezahlten ihre Weigerung mit dem Leben. Später wurden Roma gewaltsam in die englischen Kolonien verschleppt, von dort schickte man sie im 19. Jahrhundert wieder aufs europäische Festland.“ (Köpf 1994, S. 85)
Mehr als die Hälfte der Rom_nija ist bereits sesshaft und ihre Zahl steigt rapide weiter an. Rund 30.000 bis 40.000 leben noch immer in Wohnwägen auf Campingplätzen. Unter ihnen gibt es rund 60.000 so genannte Romanichal, die eine eigene Sprache mit meist Romani-Lehnwörtern sprechen – auch als "Cant" oder "Gammon" bezeichnet –, weiters rund 15.000 irische Tinker und rund 3.000 Rom_nija. Die Einschulungsrate bei fahrenden Familien ist noch immer sehr niedrig. Traditionell arbeiten Travellers als Landarbeiter, Altmetall- und Pferdehändler. Das britische Gesetz über Wohnwagenstandplätze aus dem Jahre 1968 verpflichtete die einzelnen Verwaltungsbezirke, spezielle Standplätze für Travellers zu schaffen, doch viele Regionen kamen dieser Verpflichtung jahrzehntelang nicht nach. Illegale Camps auf öffentlichem Grund wurden zerstört. Sesshafte Travellers und ihre Familien werden auch weiterhin durch eine spezielle Kommission registriert, die Informationen über ihre Familienmitglieder und ihre Genealogien sammelt. Seit den 1970er Jahren sind zahlreiche NGOs für Travellers entstanden, und es gibt auch ein eigenes Bildungsprogramm für Romakinder. Das Vereinigte Königreich hat wiederholt asylsuchenden Romaflüchtlingen aus Zentraleuropa die Aufnahme verwehrt.
Hier finden Sie einen ausführlichen Artikel zur Rom_nija Bewegung und deren Entwicklung in Großbritannien: https://www.romarchive.eu/de/roma-civil-rights-movement/roma-civil-rights-movement-in-great-britain/
Rom_nija und Travellers haben in Großbritannien, wie in vielen anderen europäische Ländern, immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen. Vor allem in der Corona-Krise wurden sie vielerorts zu Sündenböcken gemacht und beschuldigt, wie schon im Nationalsozialismus, Überträger von Krankreiten, in diesem Fall von Corona, zu sein. Oder anders gesagt, wie es folgender Artikel formuliert: „Rom*nija haben in Großbritannien keinen guten Ruf“ https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-05/roma-london-marginalisierung-misstrauen-ausgrenzung-coronavirus?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
Exkurs Travellers: Obwohl Travellers ethnisch nicht den Rom_nija verwandt sind, so unterliegen sie oft derselben Marginalisierung, Stigmatisierung und sind nichts destotrotz mit Antiziganismus konfrontiert. Im Jahr 2017 wurden die Travellers als ethnische Minderheit in Großbritannien anerkannt. Trotzdem hat der Antiziganismus nicht abgenommen. Eine Gruppe wird als Pavee[1] (abwertender Begriff für Trinker) bezeichnet und sie werden zum ersten Mal im 13. Jahrhundert in Irland erwähnt. Ihre Sprache wird „Shelta“ genannt.
„Traditionell arbeiteten sie als herumziehende Kupferschmiede und Kesselflicker und züchteten Pferde. Sie waren auch wichtig bei der Verbreitung von Nachrichten und Musik; die Entwicklung des Irish Folk wird auf sie zurückgeführt. Die Pavee sprechen eine eigene Sprache, das Shelta. Um ihre Lage zu legitimieren, berufen sich die Pavee oft auf Menschen- und Gewohnheitsrechte. Das führt zu Streit mit Behörden und Anwohnern. Nur ein Viertel der Pavee in Irland lebt noch in Wohnwagen, der Rest in Häusern oder Wohncontainern am Stadtrand. Einer Umfrage zufolge lehnen 75 Prozent der englischen Bevölkerung die Irish Traveller in der Nachbarschaft ab. Rund 86.000 Pavee verteilen sich auf Irland, Großbritannien, USA, Kanada und Australien. Dort werden sie "The Sundowners" genannt - weil sie ihr Lager dort aufschlagen, wo die Sonne untergeht.“ [2]
Der Antiziganismus ist auch in Großbritannien allgegenwärtig: https://rp-online.de/nrw/panorama/irish-traveller-die-angst-vor-dem-zigeuner_aid-17905285
Die Lebensrealität der Travellers ist vergleichbar mit jener der Rom_nija und Sinti_zze als auch der Jenischen, die übrigens in Europa immer noch nicht als Minderheit anerkannt wurden.[3]
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Pavee#Shelta_/_Cant
[2] https://rp-online.de/nrw/panorama/irish-traveller-die-angst-vor-dem-zigeuner_aid-17905285
[3] https://minorities.at/jenische/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Jenische