Zentrales Mahnmal in Wien

Bald ein Denkmal für die Roma und Sinti in Wien?

Im Wiener Parlament hat die Roma-Community am 8.04.2022 ein Positionspapier zur Errichtung eines Denkmals für die in der NS-Zeit ermordeten Roma und Sinti offiziell übergeben. Die Politik versprach Unterstützung.

Roma-Tag Wien - Community

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (r.) bei der offiziellen Übergabe des Positionspapiers im Parlament in Wien

Derzeit gibt es in Österreich keinen zentralen Gedenkort für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti. Dies könnte sich demnächst ändern. Grund dafür ist ein Positionspapier, in dem alle Roma-Organisationen und Aktivist*innen Österreichs ihre Forderung für eine Umsetzung formulieren: Es soll an einem zentralen Standort in der Bundeshauptstadt Wien stehen, es soll eine permanente Form haben und es soll zeitnah umgesetzt werden.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nahm in seiner Rede im Wiener Parlament anlässlich des Internationalen Roma-Tags am 8. April 2022 Stellung dazu: "Das Positionspapier ist sehr weitreichend und macht uns klar, dass die Roma und Sinti einen lebendigen Ort des Gedenkens möchten, an den auch ein Dokumentationszentrum anschließt."

Roma-Tag Wien - Parlament

Vertreterinnen und Vertreter der Roma-Communities bei der Präsentation des Positionspapiers

Das Denkmal zu errichten sei das eine, so Sobotka weiter, "und dafür werden wir das Geld sicher auftreiben". Die größere Herausforderung sei aber die nachhaltige Verwaltung, um den Betrieb sicherzustellen. "Da haben Sie in mir sicher einen Unterstützer, der sich auch einbringen möchte", versprach der österreichische Nationalratspräsident.

Wegweisende Kooperation der Roma-Communities

Einen Tag zuvor hatten die Roma und Sinti ihr Positionspapier bereits im Rahmen eines feierlichen Akts zum Austausch mit der Politik in der Wiener Hofburg vor Vertreter*innen der Grünen Partei und der ÖVP präsentiert. Die Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger von den Grünen hatte dort ihre Unterstützung signalisiert: "Mein Herzenswunsch wäre es, wenn wir am nächsten Internationalen Roma-Tag, am 8. April 2023, eine wunderschöne Gedenkstätte hätten."

Was jetzt nur noch nach einer politischen Formalität aussieht, ist der Erfolg einer wegweisenden Kooperation der Roma-Communities in Österreich. Sowohl migrantische als auch autochthone Organisationen und Aktivist*innen erarbeiteten vereint das Positionspapier, das den jahrelangen politischen Stillstand zu diesem Thema beendete.

Roma-Tag in Wien

Eva Blimlinger, die Grünen (2.v.r.) und Nikolaus Berlakovich, ÖVP (l.) bei der Präsentation des Positionspapiers

Ausgangspunkt für diese Zusammenarbeit war eine Arbeitsgruppe des von der EU geförderten Interreg-Projekts "Dream Road", das von Vertreter*innen der Roma Community organisiert und durchgeführt wird. Die Arbeitsgruppe wurde im Laufe des Prozesses erweitert, um die Partizipation aller zivilgesellschaftlich engagierten Akteur*innen zu ermöglichen. Die Gruppe wendete sich auch an den Vorsitzende des Volksgruppenbeirats der Roma in Österreich, Emmerich Gärtner Horvath,  um das Anliegen auch auf politischer Ebene sichtbar zu machen. Er war es letztlich, der das Positionspapier am 8. April 2022 an die Politik übergab.

Ein wichtiger Teil des Papiers sind die zahlreichen Unterstützungserklärungen aus der Gesellschaft. Katharina Janoska, Autorin und Journalistin aus der Community, beschreibt den Grund, warum es ein Denkmal in Wien braucht: "Unsere Heimat schuldet es uns, dass wir unserer Ahnen an einem zentralen Ort gedenken können, dass sie jenen, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, eine Stimme verleiht. Damit man jenen, die lange Zeit nicht gesehen wurden, Gerechtigkeit zuteilwerden lässt. Das Mahnmal soll uns das Versprechen geben, dass so etwas nie wieder geschehen kann."

https://www.dw.com/de/bald-ein-denkmal-f%C3%BCr-die-roma-und-sinti-in-wien/a-61418519

 

 

 

 

Voglauer/Blimlinger fordern zentrales Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti
Anlässlich des Internationaler Tages des Gedenkens an den Genozid an den Roma und Sinti am 2. August
 

Wien (OTS) - Während des Holocaust wurden rund 500.000 Roma und Sinti im Deutschen Reich ermordet, darunter rund 10.000 aus Österreich. Roma und Sinti wurden in der Zeit des Nationalsozialismus als „Zigeuner“ bzw. als „Asoziale“ verfolgt und systematisch ermordet. Vor 1938 lebten rund 11.000 bis 12.000 Roma und Sinti in Österreich, die meisten davon im Burgenland. „Bis heute gibt es in Österreich kein zentrales Mahnmal für Roma und Sinti, wie es das für andere Opfergruppen bereits gibt. Es ist dringend notwendig, hier endlich tätig zu werden und in Wien ein Mahnmal zu errichten, um ein gesamtösterreichisches Gedenken zu ermöglichen. Gemeinsam mit Vertreter*innen der Volksgruppe werden wir hier in den nächsten Monaten auf die Suche nach einem geeigneten und vor allem auch würdigen Platz gehen“, sagt die Volksgruppensprecherin der Grünen Olga Voglauer

Roma und Sinti, aber auch Jenische waren in Österreich bereits vor 1938 massiver Diskriminierung ausgesetzt. Die österreichischen Behörden erfassten auf rassistischer Basis Roma und Sinti in einer Kartei, der so genannten „Zigeunerkartei“, die dann die Grundlage der Verfolgung und der Vernichtung der Roma und Sinti war. Um den „Porajmos“, was „Verschlingung“ oder „Zerstörung“ auf Romani bedeutet, stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, sind Aufklärung aber auch Zeichen im öffentlichen Raum notwendig. „Bis heute werden Roma und Sinti diskriminiert und angegriffen. Roma und Sinti müssen – auch bei uns in Österreich – endlich als gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft anerkannt werden“, sieht Voglauer aktuellen Handlungsbedarf.

Auch nach 1945 war es für Roma und Sinti schwer. Ihnen wurde lange Jahre etwa Zahlungen aus der Opferfürsorge verweigert, auch Entschädigungen wurden hintangehalten. Sie wurden weiterhin von österreichischen Behörden diskriminiert und schikaniert und erst nach der Anerkennung als Volksgruppe 1993 haben sich Erleichterungen und Verbesserungen eingestellt. „Die Geschichte der Roma und Sinti in Österreich ist eine Geschichte der Schikane, der Diskriminierung, der Verfolgung und schließlich der Vernichtung während des Nationalsozialismus. Die wenigen Überlebenden wurden nach 1945 weiter diskriminiert und mussten lange auf ihre Anerkennung als Opfer warten. Ein Mahnmal an einem zentralen Ort ist daher dringend geboten“, fasst die gedenkpolitische Sprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, zusammen.

 

 

https://k.at/storys/roma-und-romnja-in-wien-der-kampf-fuer-ein-zentrales-mahnmal/400998233

https://volksgruppen.orf.at/roma/meldungen/stories/3152709/

https://www.derstandard.at/story/2000134769578/genozid-mahnmal-fuer-roma-und-sinti